Liebe

Liebe nehmen, Liebe geben

Es ist wichtiger, Liebe zu nehmen, als Liebe zu geben. Wir sind in unserem verletzten Selbst unfähig, Liebe zu nehmen. Das muss geheilt werden.
Indem wir Liebe nehmen, öffnen wir unser Herz. Das Herz kann nur von innen geöffnet werden, und es öffnet sich zuerst nach innen. Wenn wir die Liebe eines anderen nehmen können, fühlt der andere sich auch geliebt. Das ist die Eigenheit der Liebe, dass sie „reaktiv“ funktioniert, indirekt, nicht über Druck, sondern über Zug. Viktor Schauberger wies auf diese Funktionsweise der Lebenskraft hin.
Indem ich also die Liebe des anderen nehme, hat der andere das Gefühl, er wird geliebt. Die Liebe fließt.
In unserem verletzten Emotionalkörper sind wir jedoch der Ansicht, wir haben keine Liebe verdient und wir dürfen uns nicht zumuten. Wir verschließen uns.
Das Liebe-Geben, was allerorten empfohlen wird, funktioniert jedoch nicht. Wir überschütten uns ständig gegenseitig mit Liebe, aber keiner kann sie annehmen. Deshalb fühlen wir uns unwohl, wenn uns jemand Liebe geben will und rennen denen hinterher, die uns keine Liebe geben, und betteln um ein wenig Liebe. Im Grunde ist es so, dass wir keine Liebe annehmen können, dies aber eigentlich brauchen, denn es ist eine menschliche Grundkonstante, dass wir Liebe brauchen. Die Liebe bekommen wir – logischerweise -, indem wir sie nehmen.
Die Verrücktheit besteht darin, dass wir dazu nicht in der Lage sind und uns dann auf das Geben von Liebe verlegen, denn dann haben wir die Kontrolle. Geben ist der Kontrollmodus: Befehle geben, Anweisungen geben, Ratschläge geben, Unterweisung geben. Das Nehmen ist der Modus des Lebens. Deshalb versucht ein Süchtiger zu nehmen. Das Nehmen ist nicht das Falsche, nur das, was er nehmen möchte, ist nicht das Richtige.
Als Kinder sind wir reine Nehmer. Wir nehmen die Liebe und das Wissen unserer Eltern oder Bezugspersonen. Das Problem entsteht, wenn diese Bezugspersonen nicht in der Lage sind, emotional mit uns in Kontakt zu treten. Wir merken, da kommt nichts. Dann machen wir zu und hören auf, zu nehmen.
Nehmen bedeutet: annehmen, wahrnehmen, hinnehmen, verstehen, mich lieben lassen, zulassen, loslassen.
Dies bedeutet, an der tiefsten Wurzel unseres Paradigmas ist schon ein Fehler: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Das ist Liebe geben. Dieser Satz ist demzufolge schon Ausdruck des Kontrollparadigmas.
Die Einsicht, dass wir andere nur lieben können, wenn wir uns selbst lieben, entschlüsselt sich in diesem neuen Paradigma. Weil wir uns wertlos fühlen, können wir keine Liebe nehmen. Wir glauben, wir sind es nicht wert, haben es nicht verdient. Wir können uns aber erst selbst lieben, wenn wir in der Lage sind, Liebe zu nehmen. Als erstes kommt das Nehmen. Wir können uns nicht selbst lieben ohne zu nehmen.
Nehmen ist in unserem kulturellen Paradigma negativ besetzt: Geben ist seliger denn Nehmen. Geben ist das Gute, Nehmen ist das Schlechte. Aber das ist der Fehler.
Nur wer nimmt, lässt den anderen frei. Es ist eine ganz andere Weltsicht und Herangehensweise. Im Geber-Modus laufe ich durch die Welt und schaue: wer gefällt mir und wer gefällt mir nicht? wer ist es wert, dass ich ihm meine Liebe gebe?, wenn liebe ich?. Hier entsteht Wertung, Urteil, Perspektive.
Im Nehmer-Modus laufe ich durch die Welt und schaue: wo bekomme ich Liebe?, wo kann ich Liebe nehmen? Ich SEHE die Liebe da, wo sie mir begegnet. Das ist das Brauchen und Nehmen. In der Klinik Bad Herrenalb sagen sie: „Ich bin, ich brauche, ich bin berechtigt.“ Das ist der Heilungsweg. Ja, wir sind bedürftige Wesen. Wir sind alleine machtlos. Wir können die Liebe nicht autonom und autark aus uns selbst generieren. Liebe ist intersubjektiv. Das höchste Subjekt ist Gott. Wir können auch die Liebe Gottes nehmen. Doch auch dazu sind wir unwürdig im alten Paradigma. „Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach.“ Und dann kommen diese ganzen Geber-Konzepte: du musst Gutes tun, du musst geben, du musst dich opfern. Aber das ist alle nur die philosophische und institutionelle Rechtfertigung von Co-Abhängigkeit. Der Kontrollmodus der Verzweiflung.
In Wirklichkeit ist es unser verletzter Emotionalkörper. Die Angst vor weiterer Verletzung und Verlust hat uns verschlossen.
Das Problem ist nicht die Unfähigkeit, Liebe geben zu können. Das Problem ist die Angst, Liebe zu nehmen. Es ist unser Denken, dass wir wertlos sind.
Wenn wir uns lieben lassen, fühlt sich der andere geliebt.

Quellen

Daniel Barron: Drei Tage, Hamburg 2009, Wells of Wisdom-Verlag, www.wells-of-wisdom.de
Viktor Schauberger: Die Entdeckung der Levitationskraft, Teil 1-4, in Implosion Nr. 112-115, Offenburg 1995-1996, www.implosion-ev.de
Bad Herrenalber Modell: Dan Casriel: Wiederentdeckung der Gefühle, 12 x 12-Verlag, Oberursel o.J.

Zitate

Daniel Barron:

„Das Geheimnis besteht darin, nicht Liebe aus uns heraus auf jemand anderen zu ‚gießen’, Pilger. Das authentische Selbst liebt, indem es bewusst die Türen des Herzens nach innen öffnet und jemand anderes in sich hinein lässt. Wenn wir die Türen des Herzens auf diese Weise nach innen öffnen, dann fühlt die Person, der wir sie öffnen, unsere Liebe automatisch viel, viel stärker, denn dann fühlt sie eine Vibration des Jemand-in-uns-Hineinlassens, welche nicht vom strategischen Selbst gefiltert wird, und dann kann sich die wirkliche Liebe des mutigen authentischen Selbst zwischen beiden hin und her bewegen. (…) Es ist nicht so, dass ich im Moment Liebe für dich fühle. Ich habe die Schwingtüren meines Herzens weit nach innen geöffnet, und das gibt dir die Erfahrung, von mir geliebt zu werden. Das ist das ganze Geheimnis, Pilger, aber etwas, was niemand machen kann, dessen Herzenstüren noch unbewusst und strategisch verschlossen sind. (…) ‚Bedingungslose Liebe’ kann nur nach außen hin auf andere gegossen werden, und das nur vom strategischen Selbst. Universelle Liebe kann nur von einem authentischen Selbst verkörpert werden, das seine Strategien geheilt hat und das andere in ein Herz hineinlässt, welches den Selbstwert, geliebt zu werden, bereits energetisiert und nicht nur daran glaubt.“ (Drei Tage, S. 163)

Viktor Schauberger:

„Eine direkte Verbesserung oder Verschlechterung als Folge dieser oder jener Arbeitsart-Verrichtung oder deren Steigerung ist demnach ausgeschlossen. Denn in der Natur gibt es nur mittelbare, also biologische, d.h. r e – aktive Wirkungssteigerungen. Damit erledigt sich jedes vermeintliche Äquivalent, materielle oder feinstoffliche Energiekonzentrationserhaltung, von selbst. Denn alles ist dem ewigen Stoffwechselvorgang – dem panta rhei – bedingungslos unterworfen, da dieser ewige Fluss das fundamentale Mittel zur stofflichen Läuterung (allgemein Entwicklung genannt) ist.“ (Implosion 112, S. 23f.)

Dan Casriel:

„Liebe in reifer Weise anzunehmen ist vermutlich das Gefühl, das man in unserer Kultur am schwersten aufzubringen vermag. Überraschenderweise ist die Schwierigkeit nicht etwa die, Liebe zu schenken, sondern die, Liebe hereinzulassen. Es ist geradezu so, als ob wir uns gegen das, was wir am meisten brauchen – nämlich geliebt zu werden -, am meisten wehren.“ (Wiederentdeckung der Gefühle, S. 279)

„Die Fähigkeit, die Gefühle anderer mitzufühlen, ist natürlich wesentlich, da sich der Prozess daran aufbaut.“ (S. 292)

„Am liebsten sähe ich es, dass die Prinzipien der Vermenschlichung Wurzeln in der Familie schlügen, so dass ein Kind sein natürliches Recht bekommt, sich liebenswert zu fühlen, und dass es sich für berechtigt hält, seine Emotionen ehrlich zu äußern, ohne Strafe fürchten zu müssen.“ (S. 303)

„Menschen brauchen emotionalen Kontakt mit anderen. Wir müssen Beziehung zu den verletzbaren Gefühlen anderer haben, nicht zu der stolzen Fassade oder dem verklemmten Verhalten, das uns nur allzuoft begegnet.“ (S. 304)

Standard